Dominic Eichler

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Echo [PDF]
Catalogue Echo, Kunstfenster im BDI, Berlin, 2006

An Echo, a distinct rebounding of sound rather than a reverberation, is something you hear when there is nothing much else between your voice and a hard, reflective place. It suggests loneliness, being lost in the wilderness or the spooky depths of a cavernous interior, hearing voices (from the past?) or even going mad. Echo was also an unlucky storytelling nymph, doomed to repeat herself because she fell foul of an angry Goddess (read: higher authority), as well as the unrequited lover of the fatally self-absorbed Narcissus.

Reticent, abstract, shiny black, elegant and gloomy, Grubinger‘s sculptural post-minimalist installation Echo (2006) seems to invite such reflections and shadowy thoughts. Produced for a twelve month sojourn in the head office of the BDI – The Federation of German Industries – the sculpture literally echoes its surroundings, even while asserting a sort of retro-Modern autonomy or independence. Restating and rebounding off the uniformity of the bland corporate interior, it apes the difficult space‘s hard-edged interlocking planes, and exaggerates the sealed-off, aloof atmosphere of security and control it was designed to convey.

In another recent group of works exhibited under the title Dark Matter (2003), Grubinger produced an ominous constellation of displaced and oddly scaled replicas including an enormous headset, a surveillance window, a control tower, a cooling tower, a reactor and a tower block. Together these pieces formed an uncanny environment, which could be read like a paranoid, darkly direct, sculptural manifestation of power, fear and control. The steel sculpture Tank Trap (2004) and the Hitchcockian, bird-covered gallery window Ravenous (2006), are equally chilly: outside above the streets, the sky seems full of ravens.

Echo, though more abstract than metaphorical, can be understood in similar terms. The work‘s centre piece, a shiny black modular structure, resembles, and has the standardised proportions of a cluster of unoccupied parallel individual workstations (or perhaps high Modernist confessionals, or even a row of visiting booths for prisoners in a Minimalist detention centre?).
An original, nevertheless the work might serve as a prototype, a basic shape potentially endlessly reproducible or on-going on all sides – a kind of nightmarish template for the global service industry. Hell is a call centre.

Pointedly larger-than-you, this element’s costly-looking exquisite surface consists of cast polymer panels screwed together with discrete, hi-tech invisible fasteners (you know they are there, but if you look for evidence of them you will find none). It has the seductive gleam of a brand spanking new concert Steinway, even though it is not so much polished as poured. The surface is tricky. It is so black, and so reflective, that at some angles it produces the optical illusion of transparency, which suggests it could have just materialised or could just as easily dissolve. It doesn’t seem much of a jump from material that suggests dematerialisation to the virtual. Last decade many of Grubinger’s new media projects addressed the effect of digital technology on group dynamics as well as issues relating to the transformation and exchange of cultural capital.

Her more recent sculptural works including Cells (2005), a row of wall mounted Perspex dividing walls like 1970s telephone booths or ATM booths, though mute and reductive, are intended to be read against that discursive and critical background. The only difference is perhaps that here technology is conspicuous by its absence.

Echo– a kind of conceptual shelving unit – is also empty of devices. And like Cells, it is the viewer‘s body (or ‚wetware‘ to use the language of the 1990s) which is anticipated and which in some ways completes the work. This idea is reinforced by the inclusion, on either side of Echo, of two towering four-paneled mirrors like sentinels, which both produce distorted reflections that reproduce the sculpture and the perusing viewer endlessly in both directions, into a warped optical infinity.
Meanwhile, the viewer remains physically and logically outside, even if her/his image is ghosted or refracted on its planes. Despite its title, Echo doesn’t produce sound, but its strict repetitive form suggests something like the equivalent of a visual drone, and its conceptual echo might be that of it‘s viewer‘s inaudible thoughts. Something which the reductive, rational, exposed, material strategies of Minimalism seem customized to reflect.

Dominic Eichler

Echo [PDF]
Katalog Echo, Kunstfenster im BDI, Berlin, 2006

Ein Echo, das eher ein vernehmliches Zurückwerfen als ein Nachhall von Geräuschen ist, hört man, wenn sich zwischen der eigenen Stimme und einem harten, reflektierenden Ort fast nichts befindet. Es suggeriert Einsamkeit, Verlorenheit in der Wildnis oder in den gespenstischen Tiefen einer Höhlenlandschaft, das Hören von Stimmen (aus der Vergangenheit?) oder sogar Wahnsinnigwerden. Echo war auch die unglückselige, Geschichten erzählende Nymphe, die, als sie mit einer Göttin (sprich: höheren Autorität) in Konflikt geriet, dazu verdammt wurde, sich selbst zu wiederholen; diese Nymphe war ebenfalls die verschmähte Geliebte des verhängnisvoll mit sich selbst beschäftigten Narziss.

Verschwiegen, abstrakt, schwarz glänzend, elegant und düster scheint Grubingers post-minimalistische Installation Echo (2006) derartige Reflexionen und schattenhafte Gedanken herauf zu beschwören. Sie wurde angefertigt, um für einen Zeitraum von zwölf Monaten in der Zentrale des BDI – des Bundesverbandes der deutschen Industrie – ihren Platz zu bekommen, wo die Skulptur im wahrsten Sinne des Wortes ihre Umgebung aufnimmt und wieder zurückwirft, während sie gleichzeitig eine Art retro-moderne Autonomie oder Unabhängigkeit statuiert. Durch das Wiederaufgreifen und Zurückwerfen der Einförmigkeit des nüchternen Firmeninnenraums ahmt sie die diffizilen, scharfkantig ineinander greifenden Ebenen des Raumes nach und verstärkt gleichzeitig die hermetisch abgeschlossene Atmosphäre von Sicherheit und Kontrolle, die diese Konstruktion vermitteln soll, bis in die Übertreibung.

Mit einer anderen Anordnung von Arbeiten neueren Datums, die unter dem Titel Dark Matter (2003) ausgestellt wurden, schuf Grubinger eine unheilvoll anmutende Konstellation von aus dem Zusammenhang gerissenen und seltsam skalierten Nachbauten, zu denen ein riesiger Kopfhörer, ein Überwachungsmonitor, ein Kontrollturm, ein Kühlturm, ein Reaktor und ein Hochhaus gehören. In ihrer Gesamtheit bildeten diese Arbeiten eine unheimliche Umgebung, die wie eine paranoide, dunkel-direkte bildhauerische Manifestation von Macht, Angst und Kontrolle gelesen werden kann. Die Stahlskulptur Tank Trap (2004) und Ravenous (2006), das Hitchcock-artige, mit Vögeln bedeckte Fenster einer Galerie, lassen den Betrachter ebenfalls frösteln – auch der Himmel draußen auf der Straße scheint voller Raben zu sein. Echo lässt sich - wenn auch eher abstrakt als metaphorisch - ähnlich verstehen. Das Mittelstück des Werkes, eine glänzende schwarze Modularstruktur, ähnelt nicht nur, sondern hat auch die einheitlichen Maße einer Gruppe von unbesetzten, parallel angeordneten Einzelarbeitsplätzen (oder vielleicht auch hoch-modernistischen Beichtstühlen, oder gar einer Reihe von Besuchernischen für die Insassen einer im minimalistischen Stil gehaltenen Strafanstalt?). Ein Original, und trotzdem könnte das Werk als Prototyp dienen, als eine Grundform, die möglicherweise endlos reproduzierbar ist oder zu allen Seiten hin fortgesetzt werden kann – eine albtraumhafte Vorlage für die weltweite Dienstleistungsindustrie. Die Hölle ist ein Callcenter.

Die kostspielig aussehende, bemerkenswerte Oberfläche dieses Objekts, das signifikant größer als man selbst ist, besteht aus gegossenen Polymer-Elementen, die durch diskrete, unsichtbare High-Tech-Schrauben verbunden sind (man weiß, dass sie da sind, wenn man aber nach ihnen sucht, wird man sie nicht finden). Sie hat den verführerischen Schimmer eines nagelneuen Steinway-Konzertflügels, wenn sie auch eher gegossen als poliert ist. Die Oberfläche ist raffiniert. Sie ist derart schwarz und spiegelnd, dass an einigen Winkeln eine optische Täuschung entsteht, die sie transparent erscheinen lässt und so die Vorstellung hervorruft, dass sie eben gerade geschaffen wurde oder sich gleich auflösen könnte. Es scheint kein großer Gedankensprung zu sein, der einem von einem Material, das Entmaterialisierung suggeriert, zu Virtualität führt. In den vergangenen zehn Jahren befassten sich viele von Grubingers Neue-Medienprojekten mit den Auswirkungen der Digitaltechnik auf Gruppendynamik, sowie mit Fragen der Umwandlung und des Austauschs von kulturellem Kapital.
Ihre jüngsten Werke, wie beispielsweise Cells (2005) – eine Reihe von an einer Wand befestigten Trennwänden aus Plexiglas, die wie Telefonkabinen aus den 70er Jahren oder wie Nischen für Geldautomaten aussehen – sind, obschon stumm und reduzierend, vor diesem diskursiven und kritischen Hintergrund zu sehen. Der einzige Unterschied ist vielleicht,dass Technologie hier durch Abwesenheit auffällt.

Echo ist also auch eine Art konzeptuelles Regalsystem ohne Geräte. Wie bei Cells wird der Körper des Betrachters – in der Sprache der 90er Jahre hätte man ’wetware’ gesagt – antizipiert, er vervollständigt das Werk gewissermaßen. Diese Vorstellung wird verstärkt durch zwei aus je vier Teilen bestehende Spiegel, die zu beiden Seiten von Echo wie Wachen aufragen; beide produzieren verzerrte Spiegelbilder, die die Skulptur und den sich bewegenden Betrachter in beide Richtungen endlos bis in eine verkrümmte optische Unendlichkeit hin reflektieren.
Unterdessen bleibt der Betrachter körperlich und sinngemäß außen vor, auch wenn ihr/sein Bild auf den Flächen der Skulptur aufscheint oder gebrochen wird. Trotz seines Namens erzeugt Echo keinen Ton; seine streng repetitive Form aber suggeriert etwas, das einem visuellen Dröhnen entspricht, und sein konzeptuelles Echo könnte das Echo der unhörbaren Gedanken seines Betrachters sein. Etwas, für das die reduktiven, rationalen, exponierenden, materiellen Strategien des Minimalismus wie geschaffen scheinen.

Dominic Eichler